Warum ist das Rudern für dieses Duo verboten, Herr Minister?


Unser Top-Nachwuchs-Duo darf derzeit nur außerhalb eines Ruder-Zweiers beieinander sitzen. Doppelt merkwürdig, denn vereint in einem Boot rudern Leon Knaack und Ryan Smith eigentlich seit Jahren zusammen, holten gemeinsam Deutsche Meistertitel und WM-Gold. Gestern saßen sie zusammen an einem Tisch auf der Limmer Straße bei Pizza und Mineralwasser. Denn das ist laut der Niedersächsischen Verordnungen zur Eindämmung der Coroavirus-Pandemie erlaubt.
Strengstens verboten ist hingegen, dass die beiden letztjährigen U19-Weltmeister anschließend in ihren gemeinsamen Zweier einsteigen und darin trainieren. Warum? Weil beim Rudern der behördlich verordnete Mindestabstand von zwei Metern nicht einzuhalten ist, um den sich beim zulässigen gemeinsamen Pizza-Essen in trauter Runde bei einem Gläschen Sprudel Schulter an Schulter allerdings niemand schert. Eine „Coronavirus-Kapriole“ in der ansonsten eher bleiernen Niedersächsischen Verordnung? Über die schütteln inzwischen viele hiesige Kader-Sportler*innen in zahlreichen Disziplinen nur noch den Kopf. Denn Spitzensport selbst mit einer oder einem stetigen, festen Trainingsparter*in wird – außer im Profi-Fußball – immer noch verhindert. Während nahezu alle anderen körpernahen „Duette“ von Personen aus zwei Hausständen in Gastronomie, Handel und Wandel längst wieder möglich sind, bis hin zum Besuch von Tattoo-Studios.

Niedersachen rudert hinterher
„Auf die Plätze, fertig, los!“ – so betont locker leitete der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) seine Pressemitteilungen zu den Lockerungen der Coronavirus-Verordnungen ein. „Plätze“? Hatte das Sportministerium vielleicht beim Paragraphen-Schreiben nur an Rasenplätze, Tennis-Courts und Tartanbahnen gedacht? Aber nicht an Wind und Wellen auf Flüssen, Seen und Kanälen bei Wasser-Bootssportarten wie Rudern, das „aufgrund eines Mindestabstandes von 1,30 Meter, keinem Körper- oder Gesichtskontakt sowie dem Aufenthalt an der frischen Luft – wo die Atemluft verwirbelt wird – erlaubt werden sollte“, wie der Deutsche Ruderverband in seiner jüngsten Stellungnahme auch dem DOSB schrieb.
Fest steht: In Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin, Länder mit viel umfangreicheren Infektionsgeschehen, sowie in Schleswig-Holstein dürfen an den Kader- und Nachwuchs-Ruderstützpunkten Mannschaftsboote mit festen Trainingspartner*innen längst schon wieder aufs Wasser.
Einen großer Bericht über Leon und Ryan gab es in den heutigen Tageszeitungen HAZ und NP.

Dürfen derzeit nur auf Abstand im Einer trainieren: Leon Knaack (l.) und Ryan Smith (Foto: Florian Petrow)

Text: Christian Held

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