„Mit Haushaltsgegenständen unter Labor-Bedingungen“

Trainingslager, Leistungstests sowie fast alle Regatten bis Ende Mai abgesagt, die Bootshäuser und die Stützpunkte verschlossen, die Olympischen Spiele verschoben, die Athletinnen und Athleten verunsichert wegen der großen Fragezeichen, ob und wie es in 2020 sportlich überhaupt weitergeht. Unser Sportlicher Leiter Trainer Thorsten Zimmer betreut derzeit aus seinem Home-Office heraus unter anderem mit Frauke Hundeling und Carlotta Nwajide zwei DRC-Olympia-Kandidatinnen sowie mit Tom-Otis Brandes, Malte Engelbracht, Aaron Erfanian, Leon Knaack,  Lena Osterkamp, Ryan Smith sechs ambitionierte DRC-Athletinnen und -Athleten in der U23-Altersklasse. In einem Interview schildert der 35-jährige Lehrer am Gymnasium Humboldtschule die aktuellen ruderischen Herausforderungen:

Frage: Wie geht es derzeit unseren Top-Sportlerinnen und Sportlern gesundheitlich?
Thorsten: Die Sportlerinnen und Sportler sind jetzt wieder alle gesund. Wir hatten einige Ausfälle durch Pfeiffersches Drüsenfieber, aber seit einigen Tagen sind wieder alle im Training und halten sich fit.

Thorstens bisher größter sportlicher Erfolg 2018: WM-Silber durch gleich zwei seiner Schützlinge Marie-Cathérine Arnold (HRC) und unserer Carlotta Nwajide (r.) in Plovdiv

Frage: Wie gestaltet Du und mit welchen Mitteln das Training für unsere Top-Sportlerinnen und Sportler unter den erschwerten Bedingungen?
Thorsten: Inzwischen haben fast alle ein Rennrad, sodass sie an der frischen Luft fahren können und joggen gehen. Für die spezifischen Einheiten haben alle ein Ergometer vom LRVN, OSP oder DRC für Zuhause bekommen. Glücklicherweise konnten wir alle unsere Sportlerinnen und Sportler bis Junior-B abwärts damit ausstatten. Außerdem machen sie Kraftzirkel mit dem eigenen Körpergewicht und „Haushaltsgegenständen“.

Frage: Wie gestaltest Du die Kommunikation zwischen Dir und den Sportlerinnen und Sportlern sowie den anderen Trainern?
Thorsten: Eigentlich sprechen wir täglich und tauschen uns aus. Einige schicken auch Videos, sodass wir auch ein paar rudertechnische Aufgaben besprechen können. Leider passiert es schnell, dass die Technik etwas leidet, wenn sie nur alleine fahren. Daher habe ich das Training auch so umgestellt, dass die Einheiten nicht so lang und vor allem nicht monoton sind.

Thorsten und Niedersachsens Sportler des Jahres 2017, Julius Peschel    (Foto: F. Petrow)

Frage: Ist ein zielgerichtetes Training derzeit überhaupt möglich? Und wenn ja: was ist das Ziel?
Thorsten: In so einer ungewissen Situation ist es nicht leicht und selbstverständlich, mit dem gleichen Ehrgeiz und Biss an die Einheiten zu gehen. Niemand weiß gerade, wann und ob es in diesem Jahr Wettkämpfe geben wird. Daher war es mir wichtig, mit ein paar neuen Reizen Abwechslung ins Training zu bringen. Wir probieren gerade alternative Trainingsprogramme mit anderen Intensitätsverteilungen  aus. Je nach Typ haben alle ihre individuellen Pläne, durch das Ergo-Training und einem sehr eingeschränkten Alltag haben wir im Grunde ja „Laborbedingungen“ und können wichtige Erkenntnisse sammeln. Insgesamt ist das Training auf dem Ergo kürzer, intensiver und besteht aus vielen Schlagzahl- und Intensitätswechseln, was die Einheiten anspruchsvoll und kurzweilig macht. Bisher läuft es gut.

Frage: Was betrachtet Du derzeit als die größte Herausforderung in der Zusammenarbeit mit den Sportlerinnen und Sportlern?
Thorsten: Die Zusammenarbeit klappt gut, ich muss ja nicht kontrollieren, ob sie trainieren, nur manchmal an das tägliche Protokollieren erinnern. Am wichtigsten ist gerade der Austausch. Durch den Reizwechsel im Training scheinen alle gerade motiviert. Ich fürchte aber, dass das nicht ewig hält, sodass ich mittelfristig schon hoffe, dass wir wieder rudern können!

Frage: Hast Du denn auch einen sportlichen Tipp für unsere DRC-Nachwuchssportlerinnen und –sportler?
Thorsten: Es ist natürlich auch für die nicht leicht, so kurz vor der Saison eine ungewisse Pause einzulegen. Gute Laune behalten und fit bleiben hilft wahrscheinlich am meisten. Und wenn das Ergo Zuhause anfängt zu nerven, raus an die Luft.

Nicht nur im Motorboot, sondern auch auf dem Rad unterwegs: Trainer Thorsten Zimmer

Frage: Wie hältst Du Dich selber fit?
Thorsten: Um mein „Fitnesslevel“ zu halten, benötige ich gerade nicht viel Sport. In den letzten Tagen war ich noch etwas erkältet, wenn das abgeklungen ist, wollte ich wieder vermehrt laufen. Aber das nehme ich mir oft vor…

 

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