Carlotta weiterhin mit einem Bein in Hannover

Die Olympischen Spiele verschoben, alle Regatten bis Mitte August abgesagt, ihr Training ist derzeit nur unter strengen Auflagen möglich. Die sportlichen Ziele und Träume unserer Top-Ruderin Carlotta Nwajide und ihres Doppelvierer-Teams sind in weite Ferne gerückt. Dabei war sie vor zwei Jahren extra wegen Olympia von Hannover nach Berlin gezogen. Wie es auf dem Weg nach Tokio 2021 genau weitergeht, weiß zurzeit niemand. In einem ausführlichen Interview blickt unsere 24-jährige Ausnahmeathletin zurück und berichtet, wodurch sie ihrem Ziel Olympia seit 2017 so nahe gekommen ist und sie erklärt, durch welche Mittel und Methoden sie auch zukünftig vorne mit dabei sein will. Dabei heraus kommt ein dickes Lob und ein Vertrauensbeweis an ihren Heimtrainer Thorsten Zimmer.

Frage: Nach der Bekanntmachung der Verschiebung der Olympischen Spiele hast Du berichtet, dass dies keine einfache Nachricht für Dich war, Du aber jetzt nicht aufgeben willst. Weißt Du inzwischen mehr darüber, wie es weitergeht? Wie sieht Dein Alltag im Moment aus?

Carlotta: Seit heute können wir wieder Rudern, das Training findet aber noch reduziert statt. Außerdem werde ich mein Geographie Studium an der Leibniz Universität Hannover für dieses Semester wiederaufnehmen, das nächste Woche beginnt. Die Kurse finden vorerst online statt, so dass ich viel von zu Hause arbeiten kann. Ab Mitte Mai trainieren wir dann wieder gemeinsam mit der Nationalmannschaft in Berlin.

Mit dem Doppelvierer wurde Carotta 2018 Vizeweltmeisterin

Frage: Nach einem schlechten Einer-Ergebnis in der Saison 2019 und einer geplatzten WM-Teilnahme durch eine Thrombose schien die Qualifikation für die Olympia-Mannschaft in weite Ferne gerückt. Doch Du hast Dich eindrucksvoll zurückgekämpft. Wie hast Du das geschafft?

Carlotta: Für mich war klar, dass sich vor allem meine Einer-Leistung wieder verbessern musste, denn die war im vergangenen Jahr Grund dafür, dass ich aus dem Doppelvierer gesetzt wurde. Nach der langen Pause habe ich deutlich fokussierter trainiert, jede Einheit hat für mich gezählt und ich habe Vieles dem Rudern untergeordnet. Am meisten profitiert habe ich von der langjährigen Zusammenarbeit mit Thorsten. Im Gegensatz zum vorigen Jahr bin ich in den vergangenen Monaten viel zwischen Berlin und Hannover gereist, um Einheiten mit ihm zu absolvieren. Außerdem bin ich über den vergangenen Jahreswechsel mit ins Trainingslager nach Milfontes in Portugal gefahren. Die Zusammenarbeit hat gut funktioniert und gemeinsam konnten wir einige Fortschritte erzielen. Zusätzlich haben Thorsten und ich, als ich nicht in Hannover trainiert habe, telefonisch Rücksprache gehalten, indem wir zum Beispiel Videos vom Training ausgewertet haben.

Frage: Nach dem internen DRV-Ausscheid hast Du Dich für den aussichtsreichen Doppelvierer qualifiziert, der (in veränderter Besetzung) in Tokio als Titelverteidiger an den Start gehen wird. Wie war es für Dich, nach dem WM-Silber 2018 wieder im Doppelvierer zu sitzen und wie waren eure ersten Trainingsausfahrten?

Carlotta: Es war ein unglaubliches Gefühl wieder für den Doppelvierer nominiert zu werden, gerade im Olympischen Jahr. Meine Gefühle der Freude waren begleitet mit Erleichterung aber auch Dankbarkeit. So nah am Olympischen Traum zu sein ist natürlich nicht nur mein eigener Verdienst. Dahinter steht ein Gerüst aus Unterstützung von meiner Familie, Sponsoren, dem DRC und meinem Heimtrainer. Es war schön mitzubekommen, wie viele die Ergebnisse von mir verfolgt haben. Die ersten Einheiten im Doppelvierer liefen gut, es hat Spaß gemacht, wieder im Doppelvierer zu trainieren. Im Übrigen verstehen wir vier uns alle gut, das erleichtert den Trainingsalltag um einiges.

Langjährge Zusammenarbeit mit Trainer Thorsten Zimmer: Carlotta im Kreis der damaligen WM-Teilnehmer 2017. (Foto: Florian Petrow)

Frage: Weißt Du schon, ob der Doppelvierer, für den Du vorerst nominiert warst, bestehen bleiben wird oder ob sich nochmal alle neu beweisen müssen?

Carlotta: Darüber haben wir leider noch keine genauen Informationen, aber es wird mit Sicherheit wieder regelmäßige Leistungsüberprüfungen geben. Wann und wo die sind, ist noch unklar.

Frage: Worin siehst Du die größten Herausforderungen für Dich, um im nächsten Jahr erfolgreich zu sein?

Carlotta: Einerseits muss ich das ruderische Niveau, das ich mir in den vergangenen Monaten erarbeitet habe, halten, beziehungsweise noch mal verbessern. Derzeit stelle ich mich darauf ein, wieder zwischen Hannover und Berlin zu pendeln, um entscheidende Fortschritte für den Einer zu erzielen. Ich hoffe, dass Thorsten dann weiterhin mein Trainer bleiben kann. Darüber hinaus ist es wichtig, den Fokus und die Spannung zu halten. Olympia ist zwar noch 15 Monate weg, doch genau jetzt gilt es, neue Grundlagen zu schaffen, um in einem Jahr wieder Spitzenleistung zu zeigen. 

Unsere Ausnahmeathletin Carlotta Nwajide (Foto: Feedbuilders)

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